Montag, 4. August 2008

Wer Barack Obamas Berlin-Rede nur begeisternd oder enttäuschend fand, hat nicht genau hingehört!

From Gedanken eine...



Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/RamsteinLP 121/08 - 01.08.08


“Eine Welt, die zusammenhält”

Bemerkungen des Senators Barack Obama (veröffentlichte Version)Berlin, Deutschland, 24.07.08( http://my.barackobama.com/page/content/berlinvideo/ )


Die bundesdeutschen Massenmedien und die meisten der an der Siegessäule in Berlin versammelten deutschen und US-amerikanischen Zuhörer fanden - wie Gregor Gysi - die Rede des Präsidentschaftskandidaten Barack Obama einfach “begeisternd”. Friedensbewegte und Linke waren eher enttäuscht. Wer genauer hingehört oder den auf Obamas Website veröffentlichten Redetext (der in Englisch auch dieser LP angehängt ist) in Ruhe nachgelesen hat, dürfte ziemlich erschrocken sein und mit großer Sorge dem Tag entgegen sehen, an dem dieser Schönredner Präsident der USA werden könnte. Obamas Berlin-Rede wurde von “Luftpost.klde” übersetzt und abschnittsweise kommentiert.
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Das Kommentar erscheint kursiv.
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Obamas Berlin-Rede


Danke sage ich den Bürgern Berlins und dem deutschen Volk. Ich bedanke mich auch bei Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier, die mich heute Morgen empfangen haben. Danken möchte ich auch Bürgermeister Wowereit, dem Berliner Senat, der Polizei und vor allem euch für diesen Empfang.
Ich bin nach Berlin gekommen wie viele meiner Landsleute vor mir. Heute Abend spreche ich nicht als Präsidentschaftskandidat zu euch, sondern als Bürger - als stolzer Bürger der Vereinigten Staaten und als ein Bürger dieser Welt.
Ich weiß, dass ich nicht so aussehe, wie die Amerikaner, die vor mir in dieser großartigen Stadt Reden gehalten haben. Ich hielt es für ziemlich unwahrscheinlich, dass ich jemals hierher reisen würde. Meine Mutter wurde zwar im Herzen Amerikas geboren, aber mein Vater hat als Kind in Kenia noch Ziegen gehütet. Sein Vater - mein Großvater - war Koch und Hausdiener bei Briten.
Mitten im Kalten Krieg wurde mein Vater - wie so viele Andere in den vergessenen Winkelnder Welt von einer Sehnsucht ergriffen und träumte von Freiheit und Entwicklungsmöglichkeiten, wie sie nur der Westen versprach. Und so schrieb er einen Brief nach dem anderen an Universitäten in ganz Amerika, bis eines Tages jemand sein Gebet um ein besseres Leben erhörte.
Deshalb bin ich heute hier. Und ihr seid hier, weil auch ihr diese Sehnsucht kennt. Diese Stadt verkörpert den Traum von der Freiheit besser als alle anderen Städte. Und ihr alle wisst, dass wir nur deshalb heute Abend hier versammelt sind, weil Männer und Frauen unserer beiden Nationen für dieses bessere Leben gemeinsam gearbeitet, gekämpft undmanche Opfer gebracht haben.

Artig bedankt sich Obama bei Leuten, die ihn überhaupt nicht eingeladen haben. Als ungebetener Gast durfte er zwar nicht am Brandenburger Tor reden, aber ungehindert die grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit in unserem souveränen Staat einschränkenund alle, die mit Plakaten gegen seine bereits bekannten politischen Absichten protestieren wollten, von einem öffentlichen Platz verweisen lassen. Wer dem Volk das Maul verbietet, sollte nicht versuchen, sich selbst als “Kind aus dem Volk” zu verkaufen.Das Kokettieren mit seiner Hautfarbe und die Story vom Enkel eines “Tellerwäschers”, der zum Präsidentschaftskandidaten aufsteigt, sollen signalisieren, dass die USA auch heute noch “das Land der unbegrenzten Möglichkeiten” sind, in dem sich für alle Strebsamen der “American Dream” erfüllt. Auf die USA, “das Land der Freien”, dessen Präsident erwerden will, muss Mister Obama natürlich stolz sein. Auch die Berliner dürfen stolz sein,weil “die amerikanischen Freunde” ihrer Stadt die Freiheit gerettet haben.Die Reaktion des Berliner Publikums hat wieder einmal gezeigt, wie einfach sich mit den immer gleichen Rednertricks die erwünschten Beifallsbekundungen hervorrufen lassen.

Uns verbindet eine Partnerschaft, die auf den Tag genau vor 60 Jahren im Sommer begann, an dem Tag, als das erste amerikanische Flugzeug in Tempelhof gelandet ist.
Damals lagen weite Gebiete dieses Kontinents noch in Trümmern. Der Schutt dieser Stadt hatte sich noch nicht in eine Mauer verwandelt. Aber der Schatten der Sowjets legte sich auf Osteuropa, während im Westen Amerika, Großbritannien und Frankreich eine Schadensbilanz erstellten und überlegten, wie die Welt neu erschaffen werden könnte.
Damals haben wir uns gefunden, als die Kommunisten am 24. Juni 1948 über den Westteilder Stadt eine Blockade verhängten. Damit schnitten sie mehr als zwei Millionen Deutsche von der Nahrungszufuhr und sonstigen Versorgungsgütern ab, in dem Versuch, die letzte Flamme der Freiheit in Berlin zu ersticken.
Unsere Streitkräfte waren nicht stark genug, um gegen die viel größere Sowjetarmee zu marschieren. Ein Rückzug hätte den Kommunisten aber den Weg nach (West-)Europa geöffnet.Wo der letzte Krieg geendet hatte, hätte leicht ein neuer Weltkrieg entstehen können.Nur Berlin stand damals im Weg.
Da entstand die Luftbrücke, die mit der größten und unwahrscheinlichsten Rettungsaktion den Menschen dieser Stadt Nahrung und Hoffnung brachte.
Alles sprach gegen einen Erfolg. Im Winter lag dicker Nebel über der Stadt, und viele Flugzeuge mussten umkehren, ohne die dringend benötigten Vorräte entladen zu können. Durch die Straßen, auf denen wir jetzt stehen, liefen hungernde Familien, die sich nicht gegen die Kälte schützen konnten.
Auch in den dunkelsten Stunden hielten die Menschen in Berlin die Flamme der Hoffnungam Brennen. Das Volk von Berlin weigerte sich aufzugeben. Und an einem Herbsttag kamen Hunderttausende Berliner hier in den Tiergarten und hörten dem Bürgermeister der Stadt zu, als er die Welt beschwor, die Freiheit nicht aufzugeben. “Es gibt nur eine Möglichkeit für uns alle: gemeinsam so lange zusammenzustehen, bis dieser Kampf gewonnen ist.” …. “Das Volk von Berlin hat gesprochen. Wir haben unsere Pflicht getan, und wir werden unsere Pflicht weiter tun. Völker der Welt! Tut auch ihr eure Pflicht!” … “Völker der Welt, schaut auf Berlin!” (Originalzitate aus der Rede Ernst Reuters am 09.09.1948 vor der Reichstags-Ruine,
http://www.berlin.de/rubrik/hauptstadt/geschichte/ernstreuterrede.html )

Völker der Welt - schaut auf Berlin!
Schaut auf Berlin, wo Deutsche und Amerikaner gelernt haben, zusammenzuarbeiten undeinander zu trauen - weniger als drei Jahre, nachdem sie einander auf dem Schlachtfeldgegenüber standen.
Schaut auf Berlin, wo die Entschlossenheit eines Volkes und die Großzügigkeit des Marshall-Plans das Wirtschaftswunder geschaffen haben, wo der Sieg über eine Tyrannei die NATO entstehen ließ, die großartigste Allianz, die je geschaffen wurde, um unsere gemeinsame Sicherheit zu verteidigen.
Schaut auf Berlin, wo die Einschlagslöcher der Geschosse in den Gebäuden und den dunklen Steinen und Säulen in der Nähe des Brandenburger Tores uns immer daran erinnern, dass wir unsere gemeinsame Menschlichkeit nie mehr vergessen dürfen.
Völker der Welt - schaut auf Berlin, wo eine Mauer gefallen ist und ein Kontinent vereinigt wurde, und wo die Geschichte uns den Nachweis geliefert hat, dass für eine Welt, die zusammenhält, keine Herausforderung zu groß ist.

Den einzigen öffentlichen Auftritt seiner außenpolitischen Wahlkampf-Reise hat Barack Obama natürlich bewusst nach Berlin verlegt. Das Luftbrücken-Jubiläum verschaffte im die Gelegenheit, antikommunistische Ressentiments wiederzubeleben und die wegen der vielen US-Basen in der Bundesrepublik besonders wichtigen Deutschen mit der Luftbrückeund dem Marshall-Plan an die “Versöhnungsbereitschaft und Großherzigkeit” derUS-Besatzer zu erinnern. Dass die drei westlichen Besatzungsmächte die Berlinblockadedurch die Einführung der D-Mark in den drei Westzonen und Westberlin provoziert und damit die Teilung Deutschlands eingeleitet haben, wird verschwiegen. Auch über den Beitrag,den viele “Rosinenbomber” vorher bei der großflächigen Zerstörung Dresdens undanderer deutscher Städte geleistet haben, schweigt sich Mister Obama aus. Neben US-Piloten waren übrigens auch Piloten aus Großbritannien, Australien, Neuseeland, Kanadaund Südafrika an den Versorgungsflügen beteiligt. Bei Abstürzen verloren neben 31 US-Amerikanern auch 41 Briten ihr Leben. (Weitere Informationen zur Luftbrücke sind aufzurufenunter
http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Luftbrücke .)

Auch die Zitate aus der Reuter-Rede sollen die Deutschen daran erinnern, dass sie denUSA ewig zu Dank verpflichtet sind und ihnen heute bei der Überwindung ihrer Schwierigkeiten - nicht nur im Mittleren Osten - gefälligst beizustehen haben. Den mehrfach wiederholten historische Reuter-Satz “Völker der Welt, schaut auf Berlin!” sollen die Zuhörer im Kopf um folgenden Zusatz ergänzen: “Hier steht der künftige US-Präsident Barack Obama und ruft euch auf, mit ihm gemeinsam die Weltherrschaft der USA zu sichern.”


Sechzig Jahre nach der Luftbrücke sind wir wieder gefordert. Die Geschichte hat uns an einen neuen Scheideweg geführt - mit neuen Perspektiven und neuen Risiken. Als das deutsche Volk diese Mauer niedergerissen hat - eine Mauer, die Ost und West, Freiheitund Tyrannei, Angst und Hoffnung trennte - sind weitere Mauern in der ganzen Welt eingestürzt. Von Kiew bis Kapstadt wurden Gefangenenlager geschlossen und Türen zur Demokratie geöffnet. Auch Märkte öffneten sich, und die Verbreitung von Informationen undTechnologien beseitigte Hindernisse auf dem Weg zu Entwicklungsmöglichkeiten undWohlstand. Während uns das 20. Jahrhundert lehrte, dass wir ein gemeinsames Schicksalteilen, müssen wir im 21. Jahrhundert erkennen, dass die (Staaten der) Welt nun so miteinander verflochten sind wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit.
Der Fall der Berliner Mauer hat neue Hoffnungen geweckt. Aber die große Nähe untereinander hat auch neue Gefahren entstehen lassen, Gefahren, die nicht innerhalb der Grenzen eines einzelnen Landes eingedämmt werden können oder durch einen Ozean an der Ausbreitung zu hindern sind.
Die Terroristen des 11. Septembers haben ihre Verschwörung in Hamburg ausgeheckt und in Kandahar und Karatschi trainiert, bevor sie Tausende, die aus der ganzen Welt kamen, auf amerikanischem Boden umgebracht haben.
Während meiner Rede lassen die Abgase der Autos in Boston und der Fabriken in Peking die Eiskappe der Arktis schmelzen, überflutet der Atlantik weite Küstengebiete und leiden Farmen von Kansas bis Kenia unter Trockenheit.
Das schwach gesicherte nukleare Material aus der früheren Sowjetunion und geheime Baupläne eines Naturwissenschaftlers aus Pakistan könnten den Bau einer Bombe ermöglichen, die in Paris explodiert. Aus den Mohnfeldern in Afghanistan wird das Heroin für Berlin gewonnen. Armut und Gewalt in Somalia zeugen die Terroristen von morgen. Der Völkermord in Darfur belastet unser aller Gewissen.
In dieser neuen Welt haben sich gefährliche Strömungen viel schneller ausgebreitet, als wir sie eindämmen konnten. Deshalb können wir es uns nicht länger leisten, zersplittert zusein. Keine Nation, gleichgültig wie groß und mächtig sie auch sei, kann diese Herausforderungen allein bewältigen. Kein Land kann die Bedrohungen leugnen oder sich der Verantwortung entziehen, ihnen zu begegnen. Weil die sowjetischen Panzer und eine schreckliche Mauer verschwunden sind, lässt man sich leicht täuschen und vergisst diese Wahrheiten. Und wenn wir ehrlich miteinander sind, müssen wir eingestehen, dass wir manchmal auf beiden Seiten des Atlantiks auseinander gedrifted sind und unser gemeinsames Schicksal vergessen haben.
In Europa herrscht die Meinung vor, dass Amerika eher an den Vorgängen beteiligt ist, die in unserer Welt schief laufen, als an den Kräften, die Fehlentwicklungen korrigieren. In Amerika gibt es Stimmen, welche die Bedeutung der Rolle Europas für unsere Sicherheit und Zukunft verspotten oder bestreiten. Beide Ansichten entsprechen nicht der Wahrheit : Die Europäer tragen nämlich heute neue Belastungen und haben mehr Verantwortung inKrisenregionen der Welt übernommen. Und die amerikanischen Basen, die im letztenJahrhundert gebaut wurden, helfen immer noch, diesen Kontinent sicherer zu machen.Unser Land bringt also nach wie vor große Opfer für die Freiheit auf dieser Welt.
Ja, es hat Meinungsverschiedenheiten zwischen Amerika und Europa gegeben. Zweifellos wird es auch in Zukunft zu Differenzen kommen. Aber die Belastungen für alle Weltbürger ketten uns weiter aneinander. Ein Führungswechsel in Washington wird diese Last nichtvon uns nehmen. Das neue Jahrhundert fordert von Amerikanern und Europäern, mehr zutun - nicht weniger. Partnerschaft und Kooperation zwischen den Nationen sind unverzichtbar; es bleibt nur diese einzige Möglichkeit, um unsere gemeinsame Sicherheit zu garantieren und gemeinsam zu mehr Menschlichkeit zu finden.
Deshalb besteht die größte Gefahr darin, uns durch neue Mauern auseinander dividierenzu lassen.

Obamas einfache Botschaft lautet: Nachdem die USA mit Hilfe der NATO den Kommunismus überwunden und euch die Freiheit bewahrt haben, müsst ihr jetzt helfen, den “Terrorismus”zu besiegen. Bush und seine Helfershelfer haben den Fehler gemacht, die alten Verbündeten vor den Kopf zu stoßen. Sie werden aber dringend in dem von der Bush-Administration erfundenen “weltweiten Krieg gegen den Terror” gebraucht, den “Feldherr” Obama siegreich weiterzuführen gedenkt. Niemand darf bezweifeln, dass die US-Amerikaner die “Guten” sind, auch wenn sie manchmal Hunderttausende für die “Freiheit der Welt” umbringen müssen. Ihre vielen Basen in der Bundesrepublik, die uns früher die “bösen Kommunisten” vom Hals gehalten haben, schützen uns jetzt vor den “noch böseren Terrorristen”. Es wird aber höchste Zeit, dass wir etwas zu unserem eigenen Schutz beitragen und uns endlich aktiver am “Kampfum freie Märkte” - also an der Ausbeutung der Welt unter Führung der USA - beteiligen.Der etwas aufgepfropft wirkende Hinweis auf die Klimakatastrophe wurde offensichtlicherst nachträglich in den Redetext eingefügt, weil die Redenschreiber wussten, dass er beiden Deutschen gut ankommt.


Es darf keine Mauern zwischen den alten Verbündeten auf beiden Seiten des Atlantiks geben.Die Mauern zwischen den reichsten und den ärmsten Ländern müssen fallen. DieMauern zwischen Rassen und Stämmen, Einheimischen und Einwanderern, Christen,Muslimen und Juden müssen fallen. All diese Mauern müssen wir jetzt niederreißen.

Wir wissen, dass diese Mauern (in Europa) schon gefallen sind. Nach konfliktreichen Jahrhunderten haben die Völker Europas eine vielversprechende Union des Wohlstands geformt. Hier am Fuß einer Säule, die für einen Sieg im Krieg errichtet wurde, treffen wir unsim Zentrum eines Europas des Friedens. Nicht nur in Berlin ist die Mauer gefallen, Mauernsind auch in Belfast gefallen, wo Protestanten und Katholiken jetzt friedlich zusammenleben,auf dem Balkan, wo die Atlantische Allianz Kriege beendet und brutale Kriegsverbrechervor Gericht gebracht hat, und in Südafrika, wo mutige Menschen die Apartheid überwundenhaben.

US-Präsident Ronald Reagan, der mit Pershing II und Cruise Missiles den Kalten Kriegein letztes Mal angeheizt hat, forderte 1987 bei seinem Berlin-Besuch vor den Sperranlagenam Brandenburger Tor nur den sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschowauf, die Berliner Mauer niederzureißen. Der “Weltbeglücker” Obama appelliert an die ganzeMenschheit, doch gleich alle Mauern einzureißen - außer der Mauer, die Israel gegendie Palästinenser errichtet hat, und dem Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko. Unddie Kriegsverbrechen der NATO im völkerrechtswidrigen Krieg gegen Serbien kommen inObamas Aufzählung auch nicht vor.


Die Geschichte lehrt uns, dass Mauern niedergerissen werden können. Dieses Vorhabenist nicht leicht zu verwirklichen. Wahre Partnerschaft und wirklicher Fortschritt erfordernkonstante Arbeit und ständige Opfer. Dazu müssen die Belastungen, die Entwicklung undDiplomatie, Fortschritt und Frieden uns aufbürden, geteilt werden. Deshalb müssen Verbündete aufeinander hören, voneinander lernen und vor allem einander vertrauen.
Deshalb kann sich Amerika nicht nur mit sich selbst beschäftigen. Deshalb kann sich auchEuropa nicht nur mit sich selbst beschäftigen. Amerika hat keinen besseren Partner alsEuropa. Jetzt ist es Zeit, in der Welt neue Brücken zu bauen, die genau so gut tragen, wiediejenige, die uns über den Atlantik verbindet. Jetzt ist es Zeit, sich zusammenzuschließen,durch beständige Kooperation, starke Institutionen, gemeinsame Opfer und ein globalesBündnis für den Fortschritt, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meisternzu können. Dieser Geist hat die Flugzeuge der Luftbrücke in den Himmel über unserenKöpfen gebracht und die Menschen sich da versammeln lassen, wo wir heute stehen.Und heute müssen unsere beiden Nationen - alle Nationen - in diesen Geist wieder zusammenfinden.

Mit wohlklingenden hohlen Phrasen empfiehlt sich Mister Obama nicht nur als Abbruchsspezialist für Mauern und Brückenbauer, sondern gleich als Baumeister für “eine schöne, neue Welt” unter US-Herrschaft, an deren Errichtung sich auch Europa zu beteiligen hat. Die Welt wird sicher neue “Luftbrücken” brauchen, sollte Obama als Präsident den “globalen Krieg gegen den Terror” nach seinen Vorstellungen fortsetzten dürfen.



Jetzt ist die Zeit gekommen, den Terror zu besiegen und den Brunnen auszutrocknen, derden Extremismus speist. Diese Bedrohung ist real und wir können uns nicht vor der Verantwortung drücken, sie zu bekämpfen. Wenn es uns gelungen ist, mit der zu diesemZweck geschaffenen NATO die Sowjetunion in die Knie zu zwingen, wird es uns mit einerneuen weltweiten Partnerschaft auch gelingen das (terroristische) Netzwerk zu zerstören,das in Madrid und Amman, in London und Bali, in Washington und New York zugeschlagenhat. Weil wir die Schlacht der Ideen gegen die Kommunisten gewonnen haben, könnenwir uns auch mit der Mehrheit der Muslime verbünden, die den Extremismus ablehnen,der Hass statt Hoffnung erzeugt.
Jetzt ist die Zeit gekommen, um mit neuer Entschlossenheit die Terroristen aufzuspüren,die unsere Sicherheit in Afghanistan bedrohen, und die Rauschgifthändler, die Drogen ineuren Strassen verkaufen. Niemand führt gern Krieg. Ich sehe die großen Schwierigkeitenin Afghanistan. Aber mein Land und eures haben die Verpflichtung, die erste Mission derNATO außerhalb Europas Grenzen zum Erfolg zu führen. Für das afghanische Volk undfür unsere gemeinsame Sicherheit müssen wir diese Arbeit vollenden. Amerika schafft dasnicht allein. Das afghanische Volk braucht unsere Truppen und eure Truppen, unsere Unterstützung und eure Unterstützung bis die Taliban und Al-Qaida geschlagen sind, damitsich seine Wirtschaft entwickelt und das Land wieder aufgebaut werden kann. Weil zu vielauf dem Spiel steht, können wir uns jetzt nicht zurückziehen.

Die übergroße Mehrheit der Deutschen fordert den Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan. Die deutsche Friedensbewegung hat zu zwei Großdemonstrationen gegen denAfghanistan-Einsatz der Bundeswehr am 20. September in Berlin und Stuttgart aufgerufen.Obwohl das Mister Obama nicht entgangen sein dürfte, hat er trotzdem die Stirn, einstärkeres deutsches Engagement am Hindukusch zu fordern. Auch die Mehrheit seinerZuhörer an der Siegessäule ist sicher dagegen, dass noch mehr deutsche Soldaten in einemillegalen Angriffskrieg mitmorden sollen. Warum haben sie diesen Kriegstreiber dannnicht wenigstens ausgebuht?


Jetzt ist die Zeit gekommen, erneut nach einer Welt ohne Atomwaffen zu streben. Die beidenSupermächte, die sich an der Mauer in dieser Stadt gegenüber standen, waren oftkurz davor, alles zu zerstören, was wir aufgebaut haben und lieben. Nach dem Fall derMauer können wir nicht tatenlos der weiteren Verbreitung dieser gefährlichsten Waffen zusehen.Wir müssen den heimlichen Handel mit Nuklearmaterialien unterbinden, die Verbreitungder Atomwaffen stoppen und die Arsenale aus einer früheren Epoche verkleinern.Jetzt ist die Zeit gekommen, auf eine Welt hinzuarbeiten, die Frieden ohne Atomwaffen zuschaffen versucht.

Wenn Mister Obama wirklich eine Welt ohne Atomwaffen wollte, hätte er angekündigt,dass es unter seiner Präsidentschaft keinen “Anti-Raketen-Schild” in Osteuropa gebenwird und alle taktischen US-Atomwaffen nicht nur aus Büchel, sondern aus ganz Europaabgezogen werden. Obwohl der Iran in diesem Redeabschnitt nicht vorkommt, ist zwischenden Zeilen deutlich zu lesen, wem man nach Meinung Obamas “nicht tatenlos zusehen”darf.



Jetzt ist die Zeit gekommen, in der jedes Land in Europa die Chance haben muss, sein eigenesMorgen frei von den Schatten des Gestern zu wählen. Wir brauchen in diesemJahrhundert eine starke Europäische Union, die den Wohlstand und die Sicherheit diesesKontinents garantiert und gleichzeitig seinen Nachbarn die Hand reicht. In diesem Jahrhundert- in dieser aus allen anderen Städten herausragenden Stadt - müssen wir dieMentalität des Kalten Krieges der Vergangenheit überwinden und, wo es möglich ist, mitRussland zusammenarbeiten, aber auch unsere Werte verteidigen, wenn es nötig ist; wirsollten nach einer Partnerschaft streben, die den ganzen Kontinent einschließt.

Im Klartext fordert Mister Obama die Europäische Union auf, auch Weißrussland, die Ukraine und andere Interessenten aufzunehmen, ob das den EU-Mitgliedern oder Russlandnun passt oder nicht. Im Notfall müssen dann eben unsere neu gewonnenen “Werte”verteidigt werden. Mister Obama weiß nicht nur, was gut für die USA ist. Auch der Restder Welt sollte zum Wohl der Vereinigten Staaten am besten auf sein Kommando hören.



Jetzt ist die Zeit gekommen, auf den Reichtum zu setzen, den offene Märkte schaffen und ihren Ertrag gerechter zu verteilen. Handel war eine Grundvoraussetzung unseres Wachstumsund der globalen Entwicklung. Wir werden das Wachstum aber nicht aufrecht erhaltenkönnen, wenn es nur wenige und nicht möglichst viele begünstigt. Gemeinsam müssenwir einen Handel schaffen, der die Arbeit der Erzeuger des Reichtums belohnt, mitvernünftigen Schutzvorkehrungen für unsere Völker und unseren Planeten. Jetzt ist dieZeit für einen freien Handel gekommen, der fair für alle ist.

Mister Obama schreckt wirklich vor nichts zurück. Ein ungezügelter Kapitalismus mit freienMärkten und grenzenlosen Konzernprofiten, der auf Ausbeutung der Schwachen beruhtkann niemals fair mit allen umgehen. Märchenerzähler Obama vertraut aber darauf, dasswirtschaftspolitisch ahnungslose Zuhörer auch diesen wohlklingenden Nonsens mit Applausbelohnen.


Jetzt ist die Zeit gekommen für eine Antwort auf den Ruf nach einer neuen Morgendämmerungim Mittleren Osten. Mein Land muss gemeinsam mit eurem Land und ganz Europaan den Iran die klare Botschaft richten, dass er seine atomaren Ambitionen aufzugebenhat. Wir müssen die Libanesen unterstützen, die einen blutigen Kampf um die Demokratiegeführt haben, und die Israelis und Palästinenser, die auf der Suche nach einem sicherenund anhaltenden Frieden sind. Und trotz unserer Differenzen in der Vergangenheit ist jetztfür die Welt die Zeit gekommen, die Millionen Iraker zu unterstützen, die sich ein neuesLeben aufbauen wollen, während wir der irakischen Regierung die Verantwortung übertragenund endlich diesen Krieg beenden wollen.

Obamas Ultimatum an den Iran, die Urananreicherung sofort zu stoppen, könnte nichtdeutlicher sein. Auch er hat den Einsatz von Atomwaffen gegen den Iran nicht ausgeschlossen(s. LP 110/08). Seine Forderungen könnten im Mittleren Osten eher zu einer Götterdämmerung als zu einer Morgendämmerung führen. Die blutigsten Kämpfe im Libanon wurden nicht um die Demokratie, sondern gegen israelische Aggressoren geführt.
Wenn er wirklich etwas für einem anhaltenden Frieden zwischen Israelis und Palästinenserntun will, darf er die fatale Politik der Olmert-Regierung nicht so rückhaltlos unterstützen,wie er das bei seinem Besuch in Israel getan hat. Auch die Länder, die George W Bushs Überfall auf den Irak abgelehnt haben, sollen die Behebung der maßlosen Zerstörungen mitbezahlen, die eine hemmungslose US-Soldateska dort angerichtet hat und immer noch anrichtet. Einen verbindlichen Zeitplan für den angekündigten Rückzug der US-Besatzer aus dem geschundenen Land bleibt “Friedensengel” Obama auch in Berlin schuldig.


Jetzt ist die Zeit gekommen, um gemeinsam etwas zur Rettung dieses Planeten zu tun.Lasst uns beschließen, dass wir unseren Kindern keine Welt hinterlassen, in der die Meeresspiegel steigen, Hungersnöte ausbrechen und schreckliche Stürme unsere Länder verwüsten. Lasst uns dafür eintreten, dass sich alle Nationen - auch meine eigene - mit dergleichen Zielstrebigkeit wie eure Nation verpflichten, den Ausstoß von Kohlendioxid in dieAtmosphäre zu verringern. Jetzt ist die Zeit gekommen, unseren Kindern ihre Zukunft zurückzugeben. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir zusammenhalten müssen.
Jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir den in einer globalisierten Welt Zurückgebliebenenneue Hoffnung geben müssen. Wir müssen uns daran erinnern, dass der Kalte Krieg, derin dieser Stadt geboren wurde, nicht um Land und Besitztümer geführt wurde. Vor sechzigJahren haben die Flugzeuge über Berlin keine Bomben abgeworfen, sondern Nahrung,Kohlen und Süßigkeiten für dankbare Kinder gebracht. Durch ihr solidarisches Verhaltenhaben die Piloten damals mehr als einen militärischen Sieg errungen. Sie haben die Herzenund Hirne der Menschen erobert, die Liebe, die Ergebenheit und das Vertrauen -nicht nur der Menschen dieser Stadt, sondern aller Menschen, die von ihren Taten hörten.
Jetzt schaut die Welt auf uns und wird sich daran erinnern, wofür wir uns in diesem Momenthier entscheiden. Werden wir unsere Hand den Menschen in den vergessenen Winkelndieser Welt entgegen strecken, die sich nach einem Leben in Würde sehnen, das ihnenEntwicklungsmöglichkeiten, Sicherheit und Gerechtigkeit gewährt? Werden wir dieKinder in Bangladesch aus ihrer Armut befreien, die Flüchtlinge aus dem Tschad aufnehmenund die Geißel AIDS besiegen?
Werden wir für die Menschenrechte des Dissidenten in Myanmar, des Bloggers im Iranoder des Wählers in Simbabwe eintreten? Werden wir der Forderung “Nie wieder!” in DarfurNachdruck verleihen?
Werden wir endlich einsehen, dass es kein besseres Beispiel für die Welt gibt, als dasjenige,das unsere eigene Nation vorlebt? Werden wir die Folter ächten und uns für die Einhaltungder Gesetze verbürgen? Werden wir Einwanderer aus den verschiedensten Ländern willkommen heißen und die nicht diskriminieren, die nicht aussehen wie wir und nicht beten wie wir? Werden wir uns dafür einsetzen, dass alle Menschen die gleichen Entwicklungschancen erhalten?

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.” In diesem Jesus zugeschriebenen Wort aus Matthäus 11,28 lässt sich der Anspruch des “BarackObama Superstar” zusammenfassen. Er kennt alles Leid dieser Welt und wird die Menschheit von allen Plagen erlösen, an deren Entstehung der ein oder andere US-Präsident nicht ganz unbeteiligt war. Würde er als gewählter Präsident wirklich die Folter ächten, die Bushs Folterknechte in Abu Ghraib praktiziert haben und in Guantánamo immer noch anwenden? Würde er die Bürgerrechte in den USA wieder herstellen, die Bushs Abhörer und Ausforscher ständig mit Füßen treten? Schon mancher “Heilsbringer” hat seine frustrierten Wähler mit dem lapidaren Satz beschieden: “Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern!”



Volk von Berlin, Völker der Welt, unsere Zeit ist gekommen. Das ist unsere Zeit.
Ich weiß, dass mein Land nicht vollkommen ist. Wir haben uns zwar um Freiheit undGleichheit für alle bemüht. Wir haben auch manche Fehler gemacht, und es gab Zeiten, indenen unsere Aktionen in der Welt nicht unseren guten Absichten entsprachen.
Ich weiß aber auch, wie sehr ich Amerika liebe. Ich weiß, dass wir uns seit mehr als zweiJahrhunderten - mit hohen Kosten und vielen Opfern - darum bemüht haben, eine nochperfektere Union zu werden, und gemeinsam mit anderen Nationen eine bessere Welt zuschaffen. Wir fühlten uns nie einem bestimmten Volk oder Königreich verpflichtet - in unserem Land werden schließlich alle Sprachen gesprochen und alle Kulturen haben Spurenin unserer hinterlassen; auf unseren öffentlichen Plätzen kann jeder seine eigenen Standpunktvertreten. Was uns immer geeint hat, was unsere Menschen immer angetrieben hat,was meinen Vater nach Amerika gelockt hat, ist eine Reihe von Idealen, nach denen sichalle Menschen sehnen: dass wir ohne Angst nach unseren Vorstellungen leben können,das wir frei unsere Meinung äußern und uns mit wem auch immer versammeln könnenund beten können, wie es uns beliebt.
Diese Sehnsüchte haben die Schicksale aller Nationen in dieser Stadt vereint. Diese Sehnsüchte sind stärker als alles, was uns auseinander treibt. Wegen dieser Sehnsüchteist die Luftbrücke entstanden. Wegen dieser Sehnsüchte wurden alle freien Menschen auf der ganzen Welt - zu Bürgern Berlins. Weil wir an die Erfüllung dieser Sehnsüchte glauben, muss eine neue Generation - unsere Generation - die Welt verändern.
Volk von Berlin - Völker der Welt - wir stehen vor einer großen Herausforderung. Der voruns liegende Weg ist lang. Aber ich bin zu euch gekommen, um euch zu sagen, dass wirdie Erben eines Freiheitskampfes sind. Wir sind Menschen mit einer großen Hoffnung.Den Blick in die Zukunft gerichtet, mit Entschlossenheit im Herzen, sollten wir uns an dieGeschichte (dieser Stadt) erinnern, unsere Bestimmung annehmen und die Welt neu erschaffen.

Am Ende seiner Rede läuft “America Lover” Obama zur Höchstform auf. “Gods ownCountry” ist zwar nicht ganz ohne Fehl und Tadel, aber wer wird denn gleich an seinenhohen Idealen zweifeln - etwa an der Meinungsfreiheit, die Obama selbst in Berlin außerKraft gesetzt hat - wenn trotz bester Absichten in Falludscha Phosphorbomben fallen,ganze Landstriche mit Geschossen aus abgereichertem Uran verseucht werden odereine Bombe “versehentlich” die Gäste einer Hochzeitsgesellschaft trifft? Ein Kennedy reicht Tausendsassa Obama nicht, er ernennt “alle freien Menschen dieser Welt” zu Berlinern. Völker der Welt, schaut auf diesen “Wundermann” am Fuß der Siegessäule in Berlin und begreift endlich, was er wirklich angekündigt hat. Sein Duktus soll zwar an die Bergpredigt erinnern, er hat aber nicht die Friedensstifter gepriesen, sondern den endlosen Krieg gepredigt: Er will den Kampf der Bush-Administration um die Weltherrschaft, den auch er als “globalen Krieg gegen den Terror” verkauft, nicht nur konsequenter fortsetzen, sondern unter stärkerer Einbindung der NATO und vor allem der Bundeswehr erst einmal auf Pakistan und den Iran ausweiten. Barack Obama ist kein “Friedensengel”. Seine erklärten Absichten könnten ihn auch für viele deutsche Soldaten zum “Todesengel” werden lassen. Es wird höchste Zeit, diesen Scharlatan zu entzaubern, bevor er die Welt zugrunde richtet.

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