Mittwoch, 15. Oktober 2008

Bundeswehr - Werben an der Heimatfront




Lachende Kinder vor der Blauen Moschee in Mazar-i-Sharif, lächelnde Soldaten auf Patrouille, ein Afghane beim Brückenbau, der einen neuen orangefarbenen Bauarbeiterhelm trägt. So sieht der Afghanistan-Einsatz in einer Hochglanzbroschüre der Bundesregierung aus. Rechtzeitig zur Debatte hat diese eine Charmeoffensive samt Bildband und Info-CD gestartet, um für den Afghanistan-Einsatz zu werben. Die Umfrageergebnisse, die nahelegen, dass dieser inzwischen von zwei Dritteln der Bevölkerung abgelehnt wird, sind in Berlin registriert worden.

„Frieden und Entwicklung in Afghanistan - Sicherheit für uns“, lautet der Titel der Broschüre. Es klingt wie ein attraktives Tauschgeschäft. Wenn da nicht all die schlechten Nachrichten wären. So wollen viele Verheißungen des Einsatz-Werbeprospekts nicht so recht mit der Realität zusammenpassen. Hinter dem Slogan „Unser Einsatz zeigt Wirkung“ werden Schlagworte aufgeführt wie: „glaubwürdiger Staat, Demokratie und Bürgerrechte“ sowie „den Menschen geht es besser“. Die Heimatfront liest indes davon, die internationale Gemeinschaft beklage die wuchernde Korruption, im Parlament von Kabul säßen bekannte Kriegsverbrecher und große Teile der afghanischen Bevölkerung beklagten zivile Opfer, Menschenrechtsverletzungen und den schleppenden Wiederaufbau.

„In einer globalisierten Welt ist Afghanistan Nachbarschaft“

Es gibt Bundestagsabgeordnete, die sagen, sie würden lieber das Afghanistan-Konzept der Bundesregierung verteilen. Das sei schlüssig. Darüber, dass der Einsatz weiterzuführen sei, scheint derzeit noch Einigkeit in der Koalition zu herrschen. Auch darüber, dass die Außendarstellung des Einsatzes ein schwieriges Unterfangen ist. Wenn Regierungsmitglieder und Parlamentarier beklagen, die Presse komme immer nur auf die negativen Seiten zu sprechen, dann ist deutlich der Wunsch durchzuhören, die Presse möge doch in allen Berichten immer auch noch einmal die Zahl neuer Straßenkilometer und Mädchenschulen nennen.

Für Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, scheint der Sinn des Einsatzes einfach zu vermitteln zu sein: „In einer globalisierten Welt ist Afghanistan Nachbarschaft“, sagte er unlängst auf einer Informationsveranstaltung der Bundesregierung zum Afghanistan-Einsatz. Und er zitierte noch einmal den früheren Verteidigungsminister Struck (SPD), nach dessen bekanntem Ausspruch Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt wird. Das gelte es offensiv zu vertreten, sagte Polenz. Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen findet eine solche Argumentation „zu holzschnittartig“. Zwar sei der Sicherheitsaspekt wichtig, aber es sei nicht zwangsläufig erwiesen, dass ein Truppenabzug zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage in Deutschland führe.

Starker Anti-Amerikanismus - in Deutschland

Vor allem geht es nach den Worten Annens darum, die deutsche Verantwortung gegenüber den Afghanen herauszustellen. „Wenn wir uns zurückziehen, was wird dann aus den Afghanen, die uns unterstützt haben?“, fragt er. Er weiß auch, dass ein Populist wie Lafontaine, der lauthals den Abzug fordert, es einfacher hat, zu den Bürgern durchzudringen. Annen ist länger durch Afghanistan gereist. Wenn er in seinem Wahlkreis für den Einsatz wirbt, dann schlägt ihm die Ablehnung des Afghanistan-Engagements oft mit großer Wucht entgegen.

Staunend nahm Annen zur Kenntnis, dass sich in der Debatte auch ein scharfer Antiamerikanismus Bahn bricht. Er ist ein energischer Kritiker der „rücksichtslosen Art, in der die Amerikaner ihren ,Anti-Terror-Krieg' in Afghanistan führen“. Aber die Ressentiments gegen Amerika hätten ihn „erschüttert“, sagt er. Unlängst hieß es in einem Zeitungsartikel, Annen, der als Außenpolitiker hoch hinaus wolle, winde sich in der Afghanistan-Frage und führe die Operation Wahrheit nicht zu Ende. „Wenn man sich beliebt machen und Karriere machen will, beschäftigt man sich derzeit besser mit anderen Themen als Afghanistan“, sagt Annen dazu.

„Das soll besser Herr Struck machen“

Ähnlichen Vorwürfen ist auch die Bundeskanzlerin ausgesetzt. Der Grünen-Politiker Kuhn sagte Mitte September im Bundestag: „Wir haben den Eindruck, dass Sie dieses Thema ganz verschämt und versteckt anfassen . . . Sie reden wenig darüber, ganz nach dem Muster: Das soll besser Herr Struck oder der Außenminister machen.“ Im Kanzleramt wird das freilich anders gesehen. Aber die Vermutung, die Kanzlerin fürchte einen neuen Friedenswahlkampf ähnlich dem von 2002, hält sich ebenso hartnäckig wie der Vorwurf, die Kanzlerin meide symbolträchtige Auftritte. „Die schmerzlichen Opfer sind nicht vergebens. Trotzdem: Wir brauchen Geduld und einen langen Atem“, heißt es in der Broschüre der Bundesregierung.

In Berlin deuten schon die Ersten an, dass das Parlament dem Druck der Öffentlichkeit womöglich nicht mehr über viele Jahre standhalten werde - und die Bundeswehr sei eben eine Parlamentsarmee.

Hier gibt es die Bumbeswehr Propaganda "Frieden und Entwicklung in AfghanistanSicherheit für uns": http://www.bundesregierung.de/Content/DE/__Anlagen/2008/09/2008-09-05-broschuere-afghanistan,property=publicationFile.pdf

Quelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E96A068B5364E4507BD5FFB49579F00B4~ATpl~Ecommon~Scontent.html

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/__Anlagen/2008/09/2008-09-05-broschuere-afghanistan,property=publicationFile.pdf

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